Coded Objects

Lise-Meitner-Gruppe Anna-Maria Meister

Schnitt der stapelbaren Geschirrserie TC100 von Nick Roericht an der HfG Ulm, 1959. Bild: Nick Roericht

In einer Zeit, in der die Gestaltung und Verbreitung von Informationen zu einer dominanten Triebkraft der Weltpolitik und -wirtschaft geworden ist, bleiben die formalen und materiellen Implikationen von „Codes“ oft unbemerkt oder ungeprüft – ebenso wie gleichzeitig ablaufende Verschiebungen von Wirkungsmöglichkeiten und Versuche, die Gesellschaft durch räumliche und formale Maßnahmen zu programmieren. Die Forschungsgruppe wird daher den Raum des Codierens nicht als abstrakte Technologie oder entfernte Aktivität betrachten, sondern vielmehr als das Programmieren von Objekten mittels Gestaltung. Was würde es bedeuten, codierte Objekte nicht als gegebenen Denominator zu betrachten, sondern als eine methodologische Untersuchung von formgebenden Operationen und der Materie der Gestaltung? Mit der Form als epistemischem Ausgangspunkt untersucht die multidisziplinäre Forschungsgruppe die Rolle materieller Formen in automatisierten Prozessen. Kurzum wird sich dieses Projekt auf proto-algorithmisches Denken als materielle und räumliche Praxis konzentrieren. 

Das Einsetzen von codierten Objekten als zentrales Objektiv der Refraktion wird jede vorbereitete Dichotomie von Gestaltung und Bürokratie in Frage stellen – ebenso wie jegliche Annahmen von „neutraler“ Technologie. Die Untersuchung der Form von Prozessen und der Objekte, die diese hervorbringen – die Verortung von Gestaltung bewegt sich innerhalb von als automatisiert gedachten Systemen –, verspricht, unbequeme Reibungen und produktive Affinitäten zu enthüllen, die für die Wirkkraft dieser Forschung auf die Gegenwart nötig ist. Die Materie von Prozessen ist hier also von großer Bedeutung. Das Formgeben von Dingen wird oft durch Rhetorik technologischer „Neutralität“ verschleiert, doch angesichts der globalen Zirkulation von Bildern und Objekten und der eingebetteten Informationsgestaltung harren formgebende Operationen und die Materie des Gestaltens einer genaueren Betrachtung. Das Projekt wird Diskurse über Verantwortlichkeiten, Bestrebungen und Techniken der Wertegestaltung mit ästhetischen Mitteln herausarbeiten. Was hier codiert wird, sind schließlich nicht nur Objekte oder Aufgaben—sondern Subjekte. 

Indem die codierten Objekte, die uns umgeben, als ein Corpus menschlicher, materieller und ästhetischer Negoziierungen betrachtet werden, möchte die Gruppe den Fokus auf die Bedeutung formaler Intentionen (und Konsequenzen) in vorgeschriebenen Prozessen und Programmen lenken. Zugleich werden die Erstellung von Objekten und die Formgebung als lokal und kulturell hochspezifische Praktiken betrachtet, sei es das bewusste Formen durch Experten oder intelligente Lösungen für von Gemeinschaften entwickelte materielle Prozesse. Aufbauend auf der kritischen Arbeit rund um „Präzision“, „Objektivität“ oder „technologische Effizienz“, insbesondere deren Hinterfragung durch feministische und queere Methoden, wird die Gruppe Praktiken untersuchen, die von Formgebern gemeinsam mit Bürokraten entwickelt wurden, um Form zu erschaffen (sowohl historisch als auch zeitgenössisch). Techniken des Erstellens dienen dabei nicht nur als stilles Wissen, sondern auch als Kompetenzapparat und Werkzeuge im Umgang mit (stets bereits) codierten Objekten. 

Die Gruppe beinhaltet Doktoranden- und Postdoc-Stellen, kollaborative und individuelle Forschungsprojekte sowie wissenschaftliche Gäste. Sie zielt auf ein breites Spektrum wissenschaftlicher wie öffentlicher Ergebnisse ab und baut auf die folgenden drei Forschungsmodi auf: rigorose, tiefgehende Archivarbeit zur Aufdeckung und Auswertung von Fallstudien; intensiver interdisziplinärer Austausch mit Blick auf eine gemeinsame Terminologie und Methodik; und schließlich eine starke Fokussierung auf das Gestalten als eine Form des Wissens, d.h. auf die greifbaren, materiellen und formalen Fertigkeiten und sensorischen Erfahrungen von Formgebern und ihrer Praktiken. 

Siehe dazu auch den Artikel von Anna-Maria Meister:
Coded Objects: The Forms of Proto-Algorithmic Thinking.

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